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Bar Raval

Seit wir vor einigen Jahren aus beruflichen Gründen ein Jahr am Südzipfel Spaniens lebten, darf man uns als Tapas-Freaks bezeichnen. Ganz viele Aromen in ganz vielen Häppchen, alle Zeit der Welt bei der Auswahl und so lange bestellen, bis man auf den Punkt satt ist, wenn es das nicht schon gäbe, man müsste es erfinden. Also stand die Bar Raval schon ewig auf unserer Liste anzusteuernder Ziele für die Date Night. Dieser Tage setzten wir den Plan endlich in die Tat um – und wurden ein bisschen enttäuscht.

Solche Sektgläser lassen wir eigentlich nur Opa durchgehen, da sie aber Urlaubsflair verbreiten, gibt's 'ne Ausnahmegenehmigung

Solche Sektgläser lassen wir eigentlich nur Opa durchgehen, da sie aber Urlaubsflair verbreiten, gibt’s ’ne Ausnahmegenehmigung

Die Bar Raval gehört Filmstar Daniel Brühl, das nur für das Protokoll – uns interessierte das eher weniger und wir verbanden den Besuch auch nicht mit der Hoffnung auf prominente Gesichter zu stoßen, trotz Berlinale. Sie verfügt vor allem über einen guten Ruf und auch aus unserem Freundeskreis kamen schon mehrfach positive Stimmen. Entweder wir werden langsam pingelig, oder wir haben die Küche auf dem falschen Fuss erwischt, aber der Reihe nach.

Am Görlitzer Park im Wrangelkiez gelegen – wir wollen gar nicht das wiederholen, was eh schon überall geschrieben steht (Raval = Viertel in Barcelona, Daniel Brühl Halbspanier etc. pp). Unser Eindruck vom Ambiente: sehr gut, typisch Tapas Bar ohne Pseudo-Folklore und Kitsch, offene Küche, Bar mit vernünftigem Tresen, an dem man auch Essen kann. Wir hatte einen kuscheligen Zweiertisch – alles gut! Witzig auch die sehr spanischen Cava-Gläser, eigentlich aus der Kategorie ‚geht gar nicht‘ hier aber definitiv eine Ausnahmegenehmigung wert.

Will man in Spanien wissen, ob die Tapas Bar was taugt, in der man sich befindet, hilft es unserer Erfahrung nach sehr einen Ensaladilla Rusa zu bestellen. Da hat jede Großmutter ein eigenes Rezept und Convenience-Ware ist leicht zu erkennen, das ist ähnlich wie Taramas beim Griechen oder Vitello Tonnato beim Italiener. Wer was auf sich hält, macht es selber und vertraut der Oma. Kann der russische Salat was, kommt auch in der Folge meist gutes Essen auf den Tisch. Heuer gab es die Ausnahme von der Regel, der russische Salat war nämlich köstlich. Das machte Lust auf mehr, doch von gleicher Güte war dann kaum eine der folgenden Tapas.

Ein sehr guter und ein sehr schwacher Salat: Top-Rusa hinten, Flop-Tomate vorne

Ein sehr guter und ein sehr schwacher Salat: Top-Rusa hinten, Flop-Tomate vorne

Die Stockfisch-Kroketten waren so salzig, dass wir sie nicht essen konnten und da kommt der schlechte Tag der Küche ins Spiel. Freunde von uns waren nur einen Tag später in der Bar Raval und hatten die besten Stockfischkroketten der Welt auf dem Tisch – da hatten wir wohl Pech. Die weiteren Speisen waren ordentlich (Tortilla, Ziegenkäse mit Honig), ärgerlich (ein Tomatensalat bei dem die Hälfte der annoncierten Zutaten fehlte und die Tomaten hart und geschmacksneutral waren) und einmal auch göttlich (Croquetas).

Die Bar Raval verfügt über eine schöne, fair bepreiste Weinkarte, sehr freundliches Servicepersonal, und ein entspanntes Publikum. An Tagen mit besserer Küchenleistung ist sie sicher einen Versuch wert. Da das Essen für uns die Hauptsache ist, hielt sich unsere Begeisterung letzten Endes in Grenzen.

Hier geht es zur Website der ‚Bar Raval

Ambiente: gemütliche Tapas Bar
Preise: leicht gehoben
Preis-Leistungsverhältnis: mäßig
Fazit: An diesem Tag enttäuschend

La Bonne Franquette

Französische Restaurants sind gar zu oft eine Mogelpackung. Da die Küchensprache eh mit vielen französischen Begriffen durchsetzt ist, das Nachbarland mit oft identischen Zutaten arbeitet wie die deutsche Küche, reichen ein paar hübsche Begrifflichkeiten um Hausmannskost in Cuisine zu verwandeln. Die Brasserie La Bonne Franquette ist über diesen Verdacht erhaben. Hier ist alles original, vom Akzent des Servicepersonals über die Einrichtung bis hin zur Speisekarte. Und da authentische Französische Küche immer noch einen Ruf wie Donnerhall hat, waren wir voller Erwartungen, als wir uns mit Freunden letzten Donnerstag in der Chausseestraße einfanden um zu schmausen wie Gott in Frankreich.

Ei im Glas mit Entenleber – eine Sünde, die es diesmal aber nicht wert war. Die Leber schwamm physisch im Ei – und ging geschmacklich unter

Ei im Glas mit Entenleber – eine Sünde, die es diesmal aber nicht wert war. Die Leber schwamm physisch im Ei – und ging geschmacklich unter …

Wie die meisten echten Franzosen ist auch das Bonne Franquette nichts für zartbesaitete: Froschschenkel finden sich ebenso auf der Karte wie Stopfleber. Wir meiden fragwürdige Delikatessen, sind aber nicht von einem missionarischen Eifer getrieben, der uns den Besuch von Lokalen mit solchen auf der Karte verleiden würde – und ab und zu sündigen wir. So auch an diesem Abend, als Mel sich für ein Ei im Glas mit Steinpilzen und Entenstopfleber als Vorspeise entschied. Der Rest von uns wählte ‚normale‘ Omnivoren-Gerichte: Tartare de Boeuf und Salat vorweg, Confit und Magret de Canard, also Entenkeule (für mich) und Entenbrust (für unsere Mitstreiter) zum Hauptgang, bei dem Mel sich für die große Tatar-Portion entschied.

Die Weinkarte der Brasserie ist sehr zivil bepreist, die Auswahl gut, auf französische Tropfen beschränkt, aber das ist kein Problem, schließlich kann das Land alle vinophilen Gelüste befriedigen. Vom Cremant zum Start, über einen Riesling zwischendurch bis zur Flasche Gigondas zu den Enten hatten wir ausgezeichnete Tropfen im Glas.

Anrichtung klasse, Fritten von einem anderen Stern, die Hauptsache war aber eher schwierig: Ein leckeres Tatar, von dem wir uns mehr erhofft hatten

Anrichtung klasse, Fritten von einem anderen Stern, die Hauptsache war aber eher schwierig: Ein leckeres Tatar, von dem wir uns mehr erhofft hatten

Das Essen konnte leider nicht alle Erwartungen erfüllen. Das Tatar hatte eine merkwürdige Konsistenz, fühlte sich eher wie Fleischschnee denn wie gehacktes an, als hätte der Fleischwolf dem Mixer weichen müssen. Auch hatte das Rind wenig Eigengeschmack, was die Küche mit Overengineering an der Würzfront kompensierte. Das war gut essbar und auf seine Art lecker aber das schwächste Tatar, dass wir in Berlin bisher gegessen haben. Auch das Ei im Glas war nur ganz schmackhaft, die im Ei verarbeitete Leber verlor ein bisschen den Glanz, der normalerweise für das schlechte Gewissen entschädigt. Die Enten waren gut, zumindest das Confit erinnerte aber eher an ein (etwas zu kurz) gegrilltes Entenbein und gab keinen Hinweis auf die besondere Zubereitungsart dieser französischen Spezialität. Die selbst gemachten Fritten zum Tatar waren göttlich, die anderen Kartoffelvariationen zu den Entengerichten sehr gut.

Alles in allem waren wir bedingt glücklich. Einige unserer Kritikpunkte sind vielleicht auf einen schlechten Tag in der Küche zurückzuführen. Das Restaurant war bis auf den letzten Platz belegt. Das spricht zum einen für die Theorie, dass an anderen Tagen hier großer Gaumenschmaus wartet und könnte kleine Schwächen mit Stress erklären. Lediglich das Tatar hat ein ‚grundsätzliches‘ Problem.

Hier geht es zur Website von ‚La Bonne Franquette

Ambiente: französische Brasserie aus dem Bilderbuch
Preise: leicht gehoben
Preis-Leistungsverhältnis: akzeptabel
Fazit: Es geht so…